Der "Blasl-Sepp" war eine Ikone

Ich bin am Gipfel angekommen, es ist himmlisch schön.

Sepp Mayerl ist am Samstag, den 28.7.2012 gegen 9:00 Uhr, nach einem Sturz bei einer Klettertour in der Nordwand der Adlerwand in den Lienzer Dolomiten verstorben.

Sepp Mayerl, vulgo Blasl Sepp Mayerl 14.4.1937 † 28.7.2012

„Zum Bergsteigen gekommen bin ich als jugendlicher Schafhirte in der Schobergruppe“, blickte Sepp zu den Anfängen seiner Leidenschaft zurück.

 

Das Klettern faszinierte ihn von Anfang an. Mit 20 Jahren schaffte er bereits den sechsten Schwierigkeitsgrad. "Die Abseilstelle am Teufelshorn am Nordwestgrat des Großglockners bin ich frei geklettert, hinauf und hinunter. Das war 1959. Da fiel ich zum ersten Mal auf."

Auszeichnungen

■ Träger von Verdienstmedaille und

■ Sportehrenzeichen des Landes Tirol

■ Sportehrenring-Träger der Stadt Lienz

■ Ehrenring-Träger der Gemeinde Dölsach

■ Ehrenmitglied des ÖTK

 

Reinhold Messner bezeichnete ihn als seinen Lehrmeister - siehe Beitrag weiter unten.

Sepp Mayerls Erstbesteigungen

"Er war außergewöhnlich bescheiden."

"Der Sepp war außergewöhnlich bescheiden", so sein Freund und Bergkamerad Peter Habeler, der mit ihm viele der schwierigsten Touren in den Dolomiten oder die Matterhorn Nordwand bestritten hatte. Sepp machte um seine Besteigungen der höchsten und schwierigsten Gipfel nie viel Aufsehen. Vielmehr "hat er immer das Wohl der anderen im Kopf gehabt". Es war ihm stets ein großes Anliegen, seine Erfahrung vor allem an die Jugend weiterzugeben. Der Österreichische Touristenklub und allen voran die Sektion Dölsach profitiert von seinem Wissen. Vieles davon wird heute in Kursen gelehrt und gemeinsamen Touren angewendet.

1967: Mayerl-Rampe in der Glockner-Nordwand

Seit 1967 gibt es an der Glocknerhorn-Nordwand die "Mayerl-Rampe". Sie ist derzeit der besterhaltene schwierige Eisanstieg in der Glockner-Nordwand. Mit ihren 70° im blanken Eis ist sie eine der Toptouren am Glockner und auch für ambitionierte Eiskletterer eine Herausforderung. Sie kann zu Recht als Extremklassiker bezeichnet werden.

1969: "Das war das Extremste und Gefährlichste"

Yerupaja Grande, Cordillera Huayhuash, Peru Yerupaja Grande (6.635 m), Peru

Bei der Erstbesteigung des 1.400 Meter hohen Eistrichters vom Yempaja Grande (6.635 m) in den peruanischen Anden standen Sepp Mayerl und Egon Wurm Todesängste aus. "Das war das Extremste und Gefährlichste in meinem Leben", erzählte er. Es hat bisher erst wenige erfolgreiche Besteigungen des Yerupaja-Gipfels gegeben, weil er als einer der am schwierigsten zu besteigenden Andengipfel gilt.

1970: Erstbesteigung Lhotse Shar, Himalaya (8.415 m)

"Osttirol-Alpin" zwischen Legende und Extrem Sommerausstellung im Nationalparkhaus Matrei

Martin Kurzthaler als Konzipient der Sonderschau "Osttirol-Alpin" schwärmt von ihm: "Der Blasl-Sepp geht 1970 in den Himalaya, um auf den Mount Everest zu steigen, biegt dort rechts ab und schafft die Erstbesteigung des Lhotse Shar".

Mount Everest, Lhotse, Lhotse Shar Lhotse Shar: Erstbesteigung durch Sepp Mayerl und Rolf Walter
Lhotse Shar, Mount Everest, Himalya Lhotse Shar (8.415 m)

In seinem Geburtsort Dölsach hat er sich Anfang der siebziger Jahre ein Haus gebaut. Er nannte es "Haus Lhotse Shar", benannt nach dem gleichnamigen Nachbargipfel des Mount Everest, den er 1970 über den Süd- bzw. Südostgrat mit seinem Freund Rolf Walter erstbestiegen hatte.

1980: Erstbesteigung Annapurna Fang, Himalya (7.647 m)

Annapurna Fang, Himalaya Annapurna Fang (7.647 m), Himalaya

Eine österreichische Expedition unter Herrmann Neumair, Sherpa Ang Chhopal und Sepp Mayerl machte sich auf zum höchsten unbestiegenen Gipfel Nepals, den Himayla-Gipfel Annapurna Fang (7.647 m). Sie erreichten ihn am 17. Mai 1980.

1983: Erstbesteigung Tsering Kang, Himalaya (7.012 m)

Tsering Kang Tsering Kang, Himalaya (7.012 m)

Es folgten weitere Erstbesteigungen, wie der Tsering Kang im Jahr 1983.

Sepp Mayerls Engagement im ÖTK

1990: Gründung der ÖTK-Sektion Dölsach

Lienzer Dolomiten Lienzer Dolomiten

Ein paar Kilometer südöstlich von Lienz liegt Dölsach an der Glocknerstraße, es ist eine Bergsteigerstadt, eingebettet zwischen Alpenhauptkamm und Südlichen Kalkalpen. Hier gründete am 31.3.1990 Sepp Mayerl die ÖTK-Sektion Dölsach. Sie ist Treffpunkt für alte Berghasen und jungen Sportkletterer gleichermaßen. Angehende Alpinisten können in familiärer Atmosphäre ihrem Hobby nachgehen und Kurse absolvieren.

1993: Eröffnung des Anna-Schutzhaus

Die junge Sektion unter Gründungsobmann Sepp Mayerl übernahm 1990 das desolate Anna-Schutzhaus südwestlich des Ederplan (2.061 m).

 

Unter seinem persönlichen Einsatz erfolgte 1993 die Generalrenovierung mit den notwendigen Zubauten im alten Stil. Gemeinsam mit seinen Helfern investierte er nicht nur unzählige freiwillige Arbeitsstunden in das Schutzhaus, sondern ersetzte auch einen kilometerlangen Almzaun aus Stacheldraht durch einen traditionellen Holzzaun. Heute präsentiert sich den Gästen ein urwüchsiges Schmuckkästchen am Gipfel des Ederplan.

Vorbild für die Jugend in Döslach

ÖTK Dölsach Klubheim Kletterzentrum ÖTK Kletterzentrum Dölsach

Anfänglich schien alles unmöglich. Doch Sepp ließ nicht locker und konnte Berge versetzen, wenn es um die Ausbildung und Sicherheit der Jugend geht. In einem Turnsaal der Gemeinde Dölsach wurde ein eigenes Kletterzentrum errichtet. Dazu ließ er ein altes Gebäude umbauen. Regelmäßig organisierte er Ausbildungskurse und Bergfahrten, um "seinen Jungen" das nötige Rüstzeug für sichere Extremtouren in den Weltbergen mit auf den Weg zu geben. Überhaupt stand für ihn die Sicherheit in den Bergen immer an oberster Stelle.

2009: Lichtinstallation zum Tiroler Gedenkjahr

Sein Großprojekt anlässlich der 200-Jahr-Feier der Schlacht am Bergisel zur Befreiung Tirols konnte er trotz anfänglicher Widerstände kraft seiner Überzeugungskraft durchführen. In den Lienzer Dolomiten, hoch über dem Lienzer Talboden, war der Tiroler Adler als Sinnbild für die Freiheit als aufwendige Lichtinstallation zu sehen. 

Sepp Mayerls einzigartige Erfindung

Gerüstlos in schwindelerregender Höhe

Die Sepp Mayerl & Sohn GmbH verfügt über 40 Jahre Know-how in der gerüstlosen und dadurch behutsamen Instandsetzung von Kirchtürmen und -dächern unter Verwendung von selbst entwickelten, behördlich genehmigten, manuell und motorisch betriebenen Pendelsitzen und Hängebühnen.

Sepp war ein Familienmensch, der seine große Leidenschaft als Alpinist immer neben seinem Brotberuf ausgeübt hat. Er war Dachdecker und für ihn lag es nahe, dass er die Dächer und Fassaden von hunderten Kirchtürmen in ganz Österreich und Südtirol renovierte.

Literatur zu Sepp Mayerl

Der Turm in mir, Sepp Mayerl, Reinhold Messner Der Turm in mir, Sepp Mayerl

"Der Turm in mir"

 

"Expeditionen, das war die Königsdisziplin", sagt Sepp. In der Führungsrolle fühlte
sich er wohl. Reinhold Messner und Peter Habeler wurden zu seinen Schülern. Er lehrte sie die richtige Sicherungs- und Klettertechnik. Messner dankte es ihm im Vorwort zu Mayerls Buch "Der Turm in mir".

 

Gebundene Ausgabe: 208 Seiten

ISBN-13: 978-3475524431

Von Türmen und Gipfeln, Sepp Mayerl Von Türmen und Gipfeln (Horst Höfler)

Von Türmen und Gipfeln

 

Bekannt geworden ist der Blasl-Sepp auch durch seinen Brotberuf: Über vierzig Jahre hat er – gerüstlos arbeitend (!) – hunderte Kirchtürme in Österreich und Südtirol renoviert. Mit diesem Buch hält das Tiroler Urgestein Rückblick auf ein bewegtes Leben. Zum 75. Geburtstag der Osttiroler Bergsteigerlegende erschien dieses Buch:

 

Gebundene Ausgabe: 200 Seiten

ISBN-13: 978-3702231736

Verlag: Tyrolia (April 2012)

Sepp Mayerls Weggefährten

"Der Sepp war mein Lehrmeister."

Sepp Mayerl, Lehrmeister von Reinhold Messner Reinhold Messner (67)

"Ich habe eine sehr starke persönliche Beziehung zum Sepp. Von keinem Bergsteiger habe ich so viel gelernt wie von ihm. Ich hätte nicht diese Bergsteigerkarriere gemacht ohne seine Schule. Vielleicht hätte ich auch nicht so überleben können oder ich hätte einen anderen Beruf ergriffen. Ich hätte jedenfalls bestimmte Sachen nicht gemacht, wenn ich nicht Sepp Mayerl kennen gelernt hätte."

R. Messner, S. Mayerl and H. Messner after the first winter ascent of North face of Monte Agnèr in 1968 R. Messner, S. Mayerl und H. Messner an der Nordkante des Monte Agnèr 1968

"Wir können nicht glauben, dass so ein Mensch abstürzen kann."

"Er war eine Ikone. Einer der besten Bergsteiger, die wir in Österreich jemals hatten." Sein Freund und Weggefährte Peter Habeler zeigt sich bestürzt im Interview mit dem ORF.

Sein guter Geist lebt in uns weiter

Bis zuletzt war Sepp für die Menschen im Lienzer Umkreis und hier speziell im Bergsteigerdorf Dölsach der gute Geist und ein Bollwerk, an dem sich die Jungen aufrichten und die Älteren zu vielen Aktivitäten motivieren ließen.

 

Alle sind wir bestürzt, und trauern mit seiner Familie, einen so liebevollen Menschen wie Sepp, als Mitglied, Helfer, Unterstützer, Aktivist, immerwährenden Ansprechpartner und Ratgeber so unerwartet verloren zu haben. Wir können uns glücklich schätzen, ihn kennengelernt zu haben. Gemeinsam an seiner Seite durften wir viele aufregende Touren miterleben. Seine spannenden Erzählungen und so manche Diskussion über die Bergsteigerei, vieles davon bleibt ewig in uns lebendig.

 

Sepp wird uns auch im ÖTK unglaublich fehlen. Seine unverwechselbare menschliche Art, seine Hilfsbereitschaft, seine positiven Taten, seine ständig neuen Aktionen und die vielen animierenden Ideen, und nicht zuletzt auch die zur Sicherheit mahnenden Worte werden unvergesslich bleiben.

Seiner Gattin und seinen tüchtigen Kindern gehört unser ganzes Mitgefühl.

ÖTK-Klubleitung und das ÖTK-Team


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