Der "Blasl-Sepp" war eine Ikone
Ich bin am Gipfel angekommen, es ist himmlisch schön.
Sepp Mayerl ist am Samstag, den 28.7.2012 gegen 9:00 Uhr, nach einem Sturz bei einer Klettertour in der Nordwand der Adlerwand in den Lienzer Dolomiten verstorben.
„Zum Bergsteigen gekommen bin ich als jugendlicher Schafhirte in der Schobergruppe“, blickte Sepp zu den Anfängen seiner Leidenschaft zurück.
Das Klettern faszinierte ihn von Anfang an. Mit 20 Jahren schaffte er bereits den sechsten Schwierigkeitsgrad. "Die Abseilstelle am Teufelshorn am Nordwestgrat des Großglockners bin ich frei geklettert, hinauf und hinunter. Das war 1959. Da fiel ich zum ersten Mal auf."
Auszeichnungen
Sepp Mayerls Erstbesteigungen
"Er war außergewöhnlich bescheiden."
"Der Sepp war außergewöhnlich bescheiden", so sein Freund und Bergkamerad Peter Habeler, der mit ihm viele der schwierigsten Touren in den Dolomiten oder die Matterhorn Nordwand bestritten hatte. Sepp machte um seine Besteigungen der höchsten und schwierigsten Gipfel nie viel Aufsehen. Vielmehr "hat er immer das Wohl der anderen im Kopf gehabt". Es war ihm stets ein großes Anliegen, seine Erfahrung vor allem an die Jugend weiterzugeben. Der Österreichische Touristenklub und allen voran die Sektion Dölsach profitiert von seinem Wissen. Vieles davon wird heute in Kursen gelehrt und gemeinsamen Touren angewendet.
1967: Mayerl-Rampe in der Glockner-Nordwand
Seit 1967 gibt es an der Glocknerhorn-Nordwand die "Mayerl-Rampe". Sie ist derzeit der besterhaltene schwierige Eisanstieg in der Glockner-Nordwand. Mit ihren 70° im blanken Eis ist sie eine der Toptouren am Glockner und auch für ambitionierte Eiskletterer eine Herausforderung. Sie kann zu Recht als Extremklassiker bezeichnet werden.
1969: "Das war das Extremste und Gefährlichste"
Bei der Erstbesteigung des 1.400 Meter hohen Eistrichters vom Yempaja Grande (6.635 m) in den peruanischen Anden standen Sepp Mayerl und Egon Wurm Todesängste aus. "Das war das Extremste und Gefährlichste in meinem Leben", erzählte er. Es hat bisher erst wenige erfolgreiche Besteigungen des Yerupaja-Gipfels gegeben, weil er als einer der am schwierigsten zu besteigenden Andengipfel gilt.
1970: Erstbesteigung Lhotse Shar, Himalaya (8.415 m)
1980: Erstbesteigung Annapurna Fang, Himalya (7.647 m)
1983: Erstbesteigung Tsering Kang, Himalaya (7.012 m)
Sepp Mayerls Engagement im ÖTK
1990: Gründung der ÖTK-Sektion Dölsach
Ein paar Kilometer südöstlich von Lienz liegt Dölsach an der Glocknerstraße, es ist eine Bergsteigerstadt, eingebettet zwischen Alpenhauptkamm und Südlichen Kalkalpen. Hier gründete am 31.3.1990 Sepp Mayerl die ÖTK-Sektion Dölsach. Sie ist Treffpunkt für alte Berghasen und jungen Sportkletterer gleichermaßen. Angehende Alpinisten können in familiärer Atmosphäre ihrem Hobby nachgehen und Kurse absolvieren.
1993: Eröffnung des Anna-Schutzhaus
Die junge Sektion unter Gründungsobmann Sepp Mayerl übernahm 1990 das desolate Anna-Schutzhaus südwestlich des Ederplan (2.061 m).
Unter seinem persönlichen Einsatz erfolgte 1993 die Generalrenovierung mit den notwendigen Zubauten im alten Stil. Gemeinsam mit seinen Helfern investierte er nicht nur unzählige freiwillige Arbeitsstunden in das Schutzhaus, sondern ersetzte auch einen kilometerlangen Almzaun aus Stacheldraht durch einen traditionellen Holzzaun. Heute präsentiert sich den Gästen ein urwüchsiges Schmuckkästchen am Gipfel des Ederplan.
Vorbild für die Jugend in Döslach
Anfänglich schien alles unmöglich. Doch Sepp ließ nicht locker und konnte Berge versetzen, wenn es um die Ausbildung und Sicherheit der Jugend geht. In einem Turnsaal der Gemeinde Dölsach wurde ein eigenes Kletterzentrum errichtet. Dazu ließ er ein altes Gebäude umbauen. Regelmäßig organisierte er Ausbildungskurse und Bergfahrten, um "seinen Jungen" das nötige Rüstzeug für sichere Extremtouren in den Weltbergen mit auf den Weg zu geben. Überhaupt stand für ihn die Sicherheit in den Bergen immer an oberster Stelle.
2009: Lichtinstallation zum Tiroler Gedenkjahr
Sein Großprojekt anlässlich der 200-Jahr-Feier der Schlacht am Bergisel zur Befreiung Tirols konnte er trotz anfänglicher Widerstände kraft seiner Überzeugungskraft durchführen. In den Lienzer Dolomiten, hoch über dem Lienzer Talboden, war der Tiroler Adler als Sinnbild für die Freiheit als aufwendige Lichtinstallation zu sehen.
Sepp Mayerls einzigartige Erfindung
Gerüstlos in schwindelerregender Höhe
Die Sepp Mayerl & Sohn GmbH verfügt über 40 Jahre Know-how in der gerüstlosen und dadurch behutsamen Instandsetzung von Kirchtürmen und -dächern unter Verwendung von selbst entwickelten, behördlich genehmigten, manuell und motorisch betriebenen Pendelsitzen und Hängebühnen.
Literatur zu Sepp Mayerl
"Der Turm in mir"
"Expeditionen, das war die Königsdisziplin", sagt Sepp. In der Führungsrolle fühlte
sich er wohl. Reinhold Messner und Peter Habeler wurden zu seinen Schülern. Er lehrte sie die richtige Sicherungs- und Klettertechnik. Messner dankte es ihm im Vorwort zu Mayerls Buch "Der Turm in
mir".
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
ISBN-13: 978-3475524431
Von Türmen und Gipfeln
Bekannt geworden ist der Blasl-Sepp auch durch seinen Brotberuf: Über vierzig Jahre hat er – gerüstlos arbeitend (!) – hunderte Kirchtürme in Österreich und Südtirol renoviert. Mit diesem Buch hält das Tiroler Urgestein Rückblick auf ein bewegtes Leben. Zum 75. Geburtstag der Osttiroler Bergsteigerlegende erschien dieses Buch:
Gebundene Ausgabe: 200 Seiten
ISBN-13: 978-3702231736
Verlag: Tyrolia (April 2012)
Sepp Mayerls Weggefährten
"Der Sepp war mein Lehrmeister."
"Ich habe eine sehr starke persönliche Beziehung zum Sepp. Von keinem Bergsteiger habe ich so viel gelernt wie von ihm. Ich hätte nicht diese Bergsteigerkarriere gemacht ohne seine Schule. Vielleicht hätte ich auch nicht so überleben können oder ich hätte einen anderen Beruf ergriffen. Ich hätte jedenfalls bestimmte Sachen nicht gemacht, wenn ich nicht Sepp Mayerl kennen gelernt hätte."
"Wir können nicht glauben, dass so ein Mensch abstürzen kann."
"Er war eine Ikone. Einer der besten Bergsteiger, die wir in Österreich jemals hatten." Sein Freund und Weggefährte Peter Habeler zeigt sich bestürzt im Interview mit dem ORF.
Sein guter Geist lebt in uns weiter
Bis zuletzt war Sepp für die Menschen im Lienzer Umkreis und hier speziell im Bergsteigerdorf Dölsach der gute Geist und ein Bollwerk, an dem sich die Jungen aufrichten und die Älteren zu vielen Aktivitäten motivieren ließen.
Alle sind wir bestürzt, und trauern mit seiner Familie, einen so liebevollen Menschen wie Sepp, als Mitglied, Helfer, Unterstützer, Aktivist, immerwährenden Ansprechpartner und Ratgeber so unerwartet verloren zu haben. Wir können uns glücklich schätzen, ihn kennengelernt zu haben. Gemeinsam an seiner Seite durften wir viele aufregende Touren miterleben. Seine spannenden Erzählungen und so manche Diskussion über die Bergsteigerei, vieles davon bleibt ewig in uns lebendig.
Sepp wird uns auch im ÖTK unglaublich fehlen. Seine unverwechselbare menschliche Art, seine Hilfsbereitschaft, seine positiven Taten, seine ständig neuen Aktionen und die vielen animierenden
Ideen, und nicht zuletzt auch die zur Sicherheit mahnenden Worte werden unvergesslich bleiben.
Seiner Gattin und seinen tüchtigen Kindern gehört unser ganzes Mitgefühl.
ÖTK-Klubleitung und das ÖTK-Team